Schon bei meinem ersten Besuch bei der Krankenkasse, sagte mir der damalige Arzt vom Dienst, dass ich mit meiner Erkrankung auch im Krankenstand auf Urlaub fliegen kann – ich müsse es nur melden. Ganz so einfach stellte es sich dann jedoch nicht dar.
In weiser Voraussicht rief ich zuerst bei der Krankenkasse an, um mich nach dem Prozedere zu erkundigen. „Ja das ist kein Problem“, sagte die nette Dame am Telefon und fügte hinzu: „Sie müssen jedoch ein Schreiben vom Arzt mitbringen, in dem aus medizinischer Sicht Unbedenklichkeit bestätigt wird.“
Die nun folgende Erzählung geschah, so wie hier geschrieben und um es einfacher und auch ein wenig unverfänglicher zu schildern, habe ich die Namen aller Beteiligten geändert. So spielen neben mir selbst auch noch Arzt A, Arzt B und Arzt C eine Rolle.
Also, mit einfach so melden war es dann wohl nicht erledigt, aber das dachte ich mir schon. „Von wem benötigen Sie diese Bestätigung oder dieses Schreiben?“, fragte ich. Es solle der behandelnde Arzt oder der Hausarzt sein. Somit kamen für mich ja eh nur zwei in Frage – entweder mein Arzt A oder Arzt B. Ersterer schien mir in der Sache kompetenter und so klemmte ich mich hinters Telefon.
„Praxis Arzt A, was kann ich für Sie tun?“, klang eine nette Stimme aus dem Telefon. „Guten Tag“, sagte ich und erklärte mein Anliegen. Die nette Dame mit der netten Stimme vertröstete mich einen Moment, um meine Frage und Bitte nun tatsächlich an Arzt A weiterzuleiten. Keine dreißig Sekunden später war sie wieder da und sagte: „Arzt A hat gesagt, dass er diese Bestätigung nicht schreiben würde.“
Ich war echt verblüfft oder besser gesagt verwirrt. Wir hatten doch schon darüber gesprochen und jetzt kann das Gesagte nicht zu Papier gebracht werden. Oder war er einfach nicht der richtige Arzt um mir das zu bestätigen. Ich fragte also, etwas stotternd nach: „Meint Arzt A, dass er es aus fachlicher Sicht nicht genehmigen kann oder dass dieses Schreiben eigentlich Arzt B oder Arzt C schreiben müsste.
Die Dame überlegte und sagte: „Warten Sie, ich frage Arzt A nochmal.“ Diesmal wartete ich eine Minute bis die Dame mit der netten Stimme wieder da war. „Also Arzt A ist gerade sehr beschäftigt, können Sie in 30 Minuten nochmals anrufen?“ Ich bejahte diese Frage, wusste aber schon ganz genau, dass ich in 25 Minuten zum Hörer greifen würde, denn in 28 Minuten wäre die Praxis von Arzt A geschlossen gewesen.
Das tat ich dann auch. Exakt 25 Minuten später. „Es tut mir sehr leid, Arzt A ist noch immer nicht abkömmlich. Wissen Sie was, ich denke es ist besser, wenn ich Sie zurückrufe, sobald Arzt A aus seiner Besprechung raus ist. Das kann aber auch mal eine Stunde dauern.“
Vorweggenommen – es dauerte weit mehr als 3 Stunden, bis ich die Hoffnung aufgab und zu Plan B überging – ich würde Arzt B bitten, mir dieses Schreiben zu geben. Ich machte mich auf den Weg zu Arzt B, denn er hatte an diesem Tage zum Glück am Nachmittag Ordination. Hier lief wie immer alles unkompliziert – ich kam, meldete mich an und wartete bis ich an der Reihe war.
Arzt B verstand meine Situation, schaute sich alle Befunde genauestens an und verfasste mir ein Schreiben, welches in unverfänglicher Art bestätigte, dass eine Flugreise kein höheres Risiko für eine neuerliche Blutung darstellen würde. Ein Cavernom an dieser Stelle, so hörte ich es ja schon oft, blutet gerne mal, wenn es das schon getan hat.
Nun hielt ich dieses Schreiben in der Hand – für den Besuch bei der Krankenkasse war es jedoch schon zu spät und somit verschob ich das auf den nächsten Tag.
Guten Morgen, heute ist der Tag an dem alles seine gute Wendung nehmen wird – zumindest was meine Reise betreffen würde. Zeitig in der Früh machte ich mich auf zur Krankenkasse. Dort angekommen zog ich eine Nummer und bevor ich mich noch setzen konnte, sagte der nette Herr beim Schalter: „Kommen Sie bitte gleich zu mir!“
Da stand ich nun und erklärte ihm mein Anliegen und zeigte ihm das Schreiben von Arzt B. Er prüfte es und sagte: „Ich bin mir nicht sicher, ob die Ärztin vom Dienst ein solches Schreiben von Arzt B akzeptieren würde, denn eigentlich müsse es Arzt B schreiben oder eben ein Arzt C. Aber gehen Sie mal rein zur Frau Doktor und besprechen Sie das mit ihr.“
Ich kürze ab – er hatte Recht. Jetzt saß ich da und wusste nicht weiter. Doch eine letzte Möglichkeit hatte ich noch. Vielleicht konnte ich einen der 7 C-Ärzte erreichen und mit ihm diese Sache besprechen. Es war ein langer Weg, den ich zurückzulegen hatte, aber bei weitem nicht so lange, wie der den ich schon zurückgelegt hatte. Endlich war ich da und da sagte mir die nette Dame an diesem Schalter: „Eigentlich nur nach Termin.“
„Wie bitte“, dachte ich – das kann doch alles nicht sein. Doch bevor ich noch so richtig schön ausflippen konnte, fuhr die Dame fort: „Ich probier’s mal, ich denke schon, dass der Herr Doktor für Sie Zeit hat.“ Mir fiel ein Stein vom Herzen und nach weiteren 15 Minuten bestätigte Sie mir das auch nochmals. Warten müsse ich, aber was tut man denn nicht alles für ein bisschen Urlaub.
Eineinhalb Stunden sind gar nicht sooo lange, wenn man etwas wirklich haben möchte. Ich wurde von Arzt C in das Zimmer gerufen und nochmals gebeten, ihm die Situation zu erklären. „Sehen Sie, ich würde gern auf Urlaub fliegen, 10 Tage, nach Mallorca, den ruhigen Teil von Mallorca und die Krankenkasse bräuchte eine schriftliche Aussage darüber, ob ich in meinem Zustand fliegen darf“, erklärte ich geduldig und wartete auf die Reaktion.
Es folgte eine kleine Ewigkeit des Schweigens, welche Arzt C mit der Frage: „Was hat denn die Krankenkasse damit zu tun?“, unterbrach. „Ich bin derzeit noch im Krankenstand und warte auf meine Behandlung“, erklärte ich. Wieder Schweigen und dann die lang ersehnte Antwort: „Sie können gar nicht in Urlaub fahren, wenn Sie im Krankenstand sind!“
Waaaaaas, dachte ich, das war nicht die Antwort, die ich erwartete. Es folgte ein kurzer und interessanter Schlagabtausch gegenseitiger Argumente, welchen ich mit dem Satz beendete: „Bitte, ich möchte doch nur wissen, ob ich fliegen darf oder nicht, denn selbst wenn ich nicht fliegen dürfte, bräuchte ich eine Bestätigung für meine Stornoversicherung.
Kein Schweigen, es folgte ein blitzschnelles: „Selbstverständlich dürfen Sie fliegen. Im Flugzeug ist es als wären Sie auf 2000 Meter Höhe, das macht Ihnen gar nichts“, und er diktierte den Brief als hätte Arzt C noch nie etwas anderes gemacht, als Urlaubsbestätigungen für die Krankenkasse zu schreiben.
Juhuuuuu, jetzt wusste ich endlich, dass ich fliegen darf. Doch das ist nicht das Ende der Geschichte – wartet mal ab.
Am nächsten Tag also ging ich zur Krankenkasse. Hier lief jetzt alles nach Plan. Man erklärte mir, wie ich mich zu verhalten habe und gab mir noch ein paar kleine Tipps. Dann hielt ich das endgültige „du darfst“ in der Hand und begab mich nach drei anstrengenden Tagen auf den Weg nach Hause.
Eigentlich wartete ich noch immer auf den Anruf von Arzt A. Was soll’s, ich sag ihnen, dass dieser einstweilen überflüssig sei, dachte ich. Also rief ich bei Arzt A an. „Praxis Arzt A, guten Tag … Herr Wastian ich habe nicht auf Sie vergessen, ich kann Sie nur wieder bitten in 30 Minuten anzurufen“, klang es aus dem Telefon. „Nicht nötig“, sagte ich und erzählte der netten Dame wie die Geschichte weiter- und ausging.
Ihre Reaktion: „Also haben die uns einfach übergangen? Na dann ist es ja gut, dass Sie das bekommen, haben was Sie wollten!“
Beim näheren Analysieren sicher alles ein großes Missverständnis, aber als Story erzählt es sich echt gut.
Also meine Lieben, in ein paar Tagen geht es ab in den Urlaub – bis dahin.