Der Gedanke etwas Unerlaubtes oder Falsches zu tun, sitzt noch tief in mir und zieht sich durch jede Faser meines Körpers. Besonders in den Kopf und besonders bei zunehmender Höhe und diese nimmt rasant zu, denn ich sitze im Flugzeug und wir sind gerade gestartet. Alles, was ich bisher beim Fliegen geliebt habe, ist im Moment eine Qual. So wie andere Fluggäste, ich meine jene mit Flugangst, sich fest in ihren Sessel pressen, vollgestopft mit Beruhigungsmittelchen und stets diese Ängste in sich tragen, habe auch ich diesmal nicht so richtig Spaß am Fliegen und hoffe, dass wir bald landen.
Jedes Mal wenn ich den Druck meiner Ohren ausgleiche oder ich spüre, dass sich die Stirnhöhle ein wenig befreien, denke ich an mein kleines Cavernom, welches ganz auf sich allein gestellt ist. Immer wieder führe ich mir das Gespräch mit dem Neurochirurgen vor Augen, um mich ein wenig zu entspannen.
„Der Puls steigt – die Flughöhe auch“
Mein Puls liegt bei 60, also nicht wirklich bedenklich – aber dieser hat ja wie ich aus vergangenen Situationen weiß, nicht wirklich viel mit dem Verhalten meiner Gewebsmissbildung und einer etwaigen Einblutung zu tun. Dennoch, es ist schon auch ein wichtiger Indikator und somit beruhigend zu wissen, dass er zwar ein bisschen höher liegt als normal, aber es ist ja auch eine besondere Situation.
Immer wieder kommt mir dann ein Gedanke in den Sinn: „Hoffentlich wache ich morgen ohne Doppelbilder auf.“
Hin und wieder schaue ich dann beim Fenster raus, sehe die Wolken unter mir und denke an Reinhard Mai. „Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, lautet der Text eines seiner bekanntesten Lieder, „alle Ängste alle Sorgen, liegen darunter verborgen.“ Das dachte ich schon sehr oft auf meinen Flügen, doch heute will es mir nicht so recht gelingen. Ich werde versuchen, ein wenig zu schlafen und wenn es mir nicht gelingt, so vergeht wenigstens mit dem Versuch die Zeit bis zur Landung. Eine Stunde glaub ich fliegen wir noch – ich werde später diesen Beitrag weiterschreiben.
„Am Boden der Tatsachen“
Schon lange gelandet und auch schon mit dem Auto gefahren. Alles wie weggeblasen – die ganze Angst, die mich begleitete, wie aufgelöst. Ein wenig begleitet mich noch der Gedanke darüber, ob morgen Früh wohl auch noch alles in Ordnung sein wird – aber ich denke, da brauche ich mir keine Gedanken machen.
Jetzt sitze ich hier auf der Terrasse in unserem Apartment auf Mallorca, schaue auf das Meer und den sich darin spiegelnden Mond und bin wieder glücklich. Glücklich, weil wieder ein sehr anstrengender Tag vorüber ist. Ich will jetzt den verdienten Urlaub genießen und in den nächsten Tagen auch ein bisschen über diese Insel berichten und meine Erkrankung nur beiläufig erwähnen.